Hoffenheims Fan-Chefin „Steph“ Krotz nimmt Abschied

Das Miteinander der Fanszene geniest hohe Priorität

Am Freitag findet um 19:00 Uhr im VIP-Raum des Dietmar-Hopp-Stadions in Hoffenheim die ordentliche Mitgliederversammlung des TSG 1899 Hoffenheim Fanverband Supporters Hoffenheim statt. Nach acht Jahren an der Spitze dieser Fanorganisation stellt sich Stephanie Krotz nicht mehr als 1. Vorsitzende zur Wiederwahl. Im Exklusiv-Interview mit bwa-sport.de blickt „Steph“, wie sie gerne genannt wird, auf ihre langjährige Tätigkeit zurück. Dass es dabei für die gelernte Erzieherin nicht immer einfach und problemlos war, wird dabei schnell deutlich.  

Frau Krotz, am Freitag bei der Vollversammlung des Fandachverbandes Supports Hoffenheim kandidieren Sie nicht mehr als Vorsitzende. Was sind Ihre Beweggründe?
Stephanie Krotz:
Es sind familiäre Gründe. Mein Sohn wird fünf Jahre alt und kommt bald in die Schule. Zudem arbeite ich sechs Stunden am Tag als Erzieherin, da ist es schwierig alles unter einen Hut zu bekommen. Ich höre jetzt auf, um auch noch etwas mehr Zeit für andere Dinge zu haben. Natürlich helfe ich, wenn gewünscht, meinem Nachfolger bei der Einarbeitung, so dass der Übergang reibungslos verläuft.

Relegationserfolg bleibt unvergessen

Rückblickend auf eine zehnjährige Führungstätigkeit im Fanwesen, was waren persönlich die bedeutendsten Ereignisse bzw. Erlebnisse für Sie?
Krotz:
Insgesamt waren es zehn Jahre beim Fan-Dachverband, acht davon als Vorsitzende. Jeder Aufstieg der TSG Hoffenheim war bedeutend. Ein ganz besonderes Erlebnis war der Mai 2013, als wir uns über die Relegationsspiele gegen Kaiserslautern im letzten Moment in der Bundesliga gerettet haben. In schwierigen Situationen, wie jetzt auch, ist es sehr wichtig  zusammenzustehen und zusammenzurücken – das ist Voraussetzung.

Sicherlich gab es dabei auch viel Negatives zu verarbeiten. Was hat Sie in dieser Zeit ganz besonders genervt bzw. auf was hätten Sie gerne verzichtet?
Krotz: Klar gab es auch immer wieder Situationen, die nicht leicht waren. Da fällt mir spontan das Jahr 2012 ein, wo es viele Diskussionen hinsichtlich eines neuen Sicherheitspapiers gab. Diese Zeit war sehr schwierig für mich, denn zum einen konnte ich verstehen, warum man solche Beschlüsse verfasst, anderseits nicht, warum man es nicht schafft, sich mit den Ultras an einen Tisch zu setzen, um darüber zu diskutieren?

Zu jeder Diskussion gehört auch Kompromissbereitschaft

Um was ging es dabei konkret?
Krotz:
Man hat den Ultras etwas übergestülpt, was, meiner Meinung nach, nicht gut war. Ich fand es schwierig hier zu einer vernünftigen Diskussion zu kommen. Die TSG war ein Stück weit kooperationsbereit, was ich auch sehr gut fand. Wenn man diskutiert, muss man auch kompromissbereit sein und das war mit diesem Sicherheitspapier in dieser Form fast unmöglich. Dadurch haben sich Fanclubs, wie 11hoch3, vom Dachverband abgesplittert, was ich bis heute sehr bedauere.
Unabhängig, ob sich Fanclubs zum Dachverband bekennen oder nicht, es kann nur gemeinsam gehen. Gemeinsam bedeutet, dass sich Jeder diesem bewusst ist und helfen möchte an der gemeinsamen Sache zu arbeiten. Dafür bietet sich so eine Gemeinschaftsorganisation wie der Dachverband als Plattform an. Schade, da dies einige Fanclubs anders sehen.

Die Entwicklung der Fanszene hat sich seit dem Erstligaaufstieg der TSG enorm entwickelt. Wie beurteilen Sie die Zeitspanne von 2008 bis heute?
Krotz:
Das ist schwierig zu bewerten. Natürlich hat sich im Laufe der Zeit die Anzahl der Fans und Fanclubs vergrößert. Wir haben, trotz einiger Kritiken, in dieser kurzen Zeit einiges auf den Weg gebracht, vieles mit eigenen Mitteln bewältigt, auch wenn dies bei anderen Vereinen oftmals anders gesehen wird.

Ruhe und Kontinuität an der Vereinsspitze sind sehr wichtig

In den vergangenen acht Jahren gab es viele Wechsel an der Führungsspitze der TSG. Wie war für Sie die Zusammenarbeit zwischen Dachverband und TSG-Führung? Gab es immer uneingeschränkte Unterstützung oder hätten Sie sich hin und wieder mehr Unterstützung erhofft?
Krotz:
Ja, das stimmt, Wechsel gab es viel – zu viele. Ich finde dies auch schade, denn Ruhe und Kontinuität an der Spitze sind in einem Verein ganz wichtig – sorgen auch für Ruhe. Unabhängig davon hatte jeder der jeweiligen Geschäftsführer immer ein offenes Ohr für uns, das möchte ich hier deutlich hervorheben. Und ich hoffe, dass dies auch so in Zukunft so sein wird.

Die Zusammenarbeit mit den Fanclubs ist sicherlich nicht immer ganz einfach. Wo haben Sie während Ihrer  Zeit als Vorsitzende ganz besonders Hand anlegen müssen?
Krotz:
Klar, wo Menschen zusammen kommen entstehen auch Reibungen. Ich habe versucht für jeden ein offenes Ohr zu haben, was mir, so glaube ich, auch gelungen ist. Als Vorsitzende ist es wichtig, alle wahrzunehmen und Verständnis für andere Meinungen aufzubringen. Für mich war es rückblickend die größte Aufgabe, allen gerecht zu werden, alle zu respektieren und untereinander zu vermitteln.

Welche war die, Ihrer Meinung nach, größte Fanaktion, die Sie mit Ihren Vorstandskollegen unterstützt haben?
Krotz:
(lacht) Oh je, da gab es viele, die unvergessen bleiben. Als Beispiele möchte ich die Fahrten mit den Sonderzügen zu den Auswärtsspielen, die Choreographien im Stadion oder die Aktion 1212 nennen.

Ein Nachfolger steht bereits in den Startlöchern

Am Freitag wird bei der Vollversammlung ein Nachfolger für Sie gewählt. Gibt es bereits einen Favoriten oder eine Person, den die Vorstandschaft vorschlägt?
Krotz:
Ja, es gibt jemanden, der dazu bereit wäre. Ich persönlich stehe hinter dieser Person, deren Name ich aber hier im Vorfeld nicht nennen möchte. Unabhängig davon wünsche ich allen Beteiligten alles Gute und vor allem gute Nerven.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der TSG-Fanszene?
Krotz
: Dass alle zusammenrücken und die teils unterschwelligen Anfeindungen unter den Fanclubs ein Ende nehmen. Das muss abgestellt werden! Fans und Anhänger der TSG sollen die Mannschaft gemeinsam fair und friedlich unterstützen.

Der Glaube an den Klassenerhalt ist groß

Glauben Sie fest an den Klassenerhalt oder sind die Zweifel vor den letzten Partien noch groß?
Krotz:
Wir schaffen den Klassenerhalt – ganz klar. Das sage ich aus voller Überzeugung! Die Mannschaft und das Trainerteam genießen da mein volles Vertrauen. Der zweite Heimsieg in Folge gegen Augsburg war vor dem Derby in Stuttgart ganz wichtig.

In welcher Funktion werden wir Sie künftig in Verbindung mit der TSG sehen? Krotz: Ich werde Michael Pisot und Andreas Gündler weiterhin im Bereich Fanbetreuung unterstützen und auch bei Aktionen des Hoffi-Clubs dabei sein. Und natürlich werde ich als Fan die Mannschaft weiter kräftig und lautstark supporten.

„Das möchte ich noch unbedingt loswerden:“

Ihre drei persönlichen blau-weißen Wünsche?
Krotz:
Den Klassenerhalt – den Klassenerhalt und noch mal den Klassenerhalt!

… darf ich abschließend hier bei bwa-sport.de noch etwas loswerden?

Na klar, bitte:

Krotz: Am Ende meiner Amtszeit möchte ich mich bei allen Weggefährten, die mich über die letzten Jahre begleitet haben, recht herzlich für alles bedanken. Besonderer Dank gilt dabei meinen ehemaligen wie auch jetzigen Vorstandskollegen des Dachverbands Supporters Hoffenheim, allen 1899-Fanclubs, unabhängig ob sie Mitglied im Fanverband sind oder nicht, wie auch der TSG. Vielen Dank für die jahrelange Unterstützung und das entgegengebrachte  Vertrauen. Mein größter Dank gilt der gesamten Familie, die mich alle die Jahre immer sehr unterstützt und mir den Rücken frei gehalten hat. Ich liebe Euch alle!

Fotos: BWA

"Steph" vor ihrem Stadionbesuch gestern Abend gegen Augsburg und Stephanie Krotz möchte sich künftig mehr um Beruf und Familie widmen

Artikel teilen

WERBUNG